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In der Seele liegt die Kraft. Was unser Leben trägt, Ulla Pfluger-Heist

In ihrem Buch leitet uns Ulla Pfluger-Heist durch eine Reise verschiedener Seelen-Landschaften und wählt hierfür eine Sprache, die sehr präzise und einfach zugleich ist. Gerade die Unmittelbarkeit ihrer Worte und Bilder kann die Seele der Leser berühren, ohne einen Umweg über wissenschaftliche Begriffe, medizinisch-therapeutische Diagnosen oder komplizierte Konzepte zu nehmen.

Ulla Pfluger-Heist nutzt allgemein bekannte Symbole, wie die Zwiebel oder die Rose, um an ihnen die Strukturen unserer Persönlichkeit sowie deren Kern oder Zentrum, die Seele, das höhere Selbst, das Innerste zu erläutern. So gelingt es ihr, ein Verständnismodell von Roberto Assagiolis Psychosynthese aufzuzeigen, das auch fachfremden Leserinnen und Lesern eingängig sein wird. Aber, um es gleich zu sagen: Dieses Buch empfehle ich vor allem auch therapeutisch erfahrenen Kolleginnen und Kollegen. Seine Besonderheit besteht geradezu in dem wunderbaren Transfer von tiefem Wissen und jahrelanger profunder Erfahrung in der eigenen psychotherapeutischen Praxis in eine strukturierte und zugleich liebevoll-anrührende Sprache, die den Zugang zum oft verborgenen und verletzten Reich der Seele ermöglicht. Als Reisebegleiter wählt Ulla Pfluger-Heist folgerichtig keine Erwachsenen, sondern vier den meisten Lesern vertraute Kindergestalten aus der Literatur: den kleinen Prinzen von Saint-Exupery, Momo und Bastian aus Michael Endes Erzählungen sowie Alice im Wunderland von Lewis Carroll. Auch wer diese Bücher nicht gelesen oder teilweise wieder vergessen hat, erhält durch viele Zitate und Beschreibungen einen ausreichenden Eindruck von Tiefe, Wesen und Reise dieser Figuren. Mancher Leser wird sicher neugierig auf ein (erneutes) ausführliches Vertiefen in diese "großen Werke", an die dieses Buch auch eine liebevolle Hommage ist.

Während der kleine Prinz und Momo bereits im Kontakt mit tiefen Seelenqualitäten, als Seelenkinder ihre Umwelt in diese Reiche einladen können, so müssen oder dürfen Alice und Bastian in ihren Geschichten lange Reisen in unbekannte, verrückt erscheinende und gefahrvoll ängstigende Welten unternehmen. Der Beginn, d. h. die Motivation zu dieser Reise, können traumatische Erlebnisse oder, wie bei Alice, einfach Langeweile sein. Fast spielerisch führt Ulla Pfluger-Heist uns durch die verschiedenen Reiseabschnitte mit den Fragen nach unserer Identität, dem Zauber des Anfangs in unserer Kindheit, dem Werden und Erwachen mit seinen Dornen und Blüten, der Entdeckung und Entfaltung unseres Willens, der Integration verschiedener Teile mit dem Ganzen bis hin zur Heimkehr, der (Rück-) Verbindung mit unserer eigenen Quelle. Ziel dieser Reisen ist nicht das Ankommen, die eine Wahrheit oder irgendein Endpunkt, sondern eine langsame innere Wandlung der Persönlichkeit, die immer intimer und bezogener den Kern der eigenen Seele zu erkennen vermag. Ulla Pfluger-Heist greift geschickt die Reisestationen, Herausforderungen, Gefahren und Wandlungspunkte der vier Erzählungen auf, um durch sie ihr Verständnis, ihr Modell des Entwicklungs- und Entfaltungswegs von uns Menschen zu veranschaulichen. Immer wieder kehrt sie, nach eigenen Erläuterungen, gut ausgewählten, eigenen Fallbeispielen und leicht anwendbaren Übungsanleitungen, zu "ihren Kindern auf der Reise" zurück, bis diese den für sie jeweils stimmigen und vorläufigen Wandlungsschritt vollzogen haben.

Sehr gefallen hat mir auch die Platzierung und teilweise Wiederholung der von ihr ausgesuchten Zitate und Lyrik. Die Autorin weiß wohl um die schrittweise Öffnung der Seele und dass wir Weisheit oft nur langsam und portionsweise in uns aufnehmen und verdauen können bzw. immer wieder aus neuen Perspektiven verstehen können. An keiner Stelle ist dieses Buch polarisierend oder abwertend denen gegenüber, die in Umwegen gefangen sind oder Gefahren erliegen. Die Autorin warnt zwar an den entscheidenden Wegpunkten vor typischen Gefahren, aber sie bleibt sich selbst treu, indem sie schreibt: "Gut und schlecht sind Werturteile - keine Verurteilungen." So bleibt ihre leise und doch verständliche kollegiale Kritik am Ende ihres Buches auch bei einer Warnung an die LeserInnen, sich lieber eine Begleitperson zu suchen, die wirklich zuhören kann, als jemanden, der eine bestimmte Wahrheit oder Lösung von außen vermitteln will.

Gerade diese bescheidene und doch sehr klare Art, wie ein "eigenes Puzzle" dieses Buch zusammenzusetzen, macht es so lesenswert. Für mich ein sehr weibliches Buch von einer beseelten, weisen Frau.

Dorothea Galuska
Vormals Therapeutische Leiterin, aktuell Leiterin Personalmanagement der Heiligenfelder Kliniken in Bad Kissingen





Buchrezension  
von Dorothea Galuska    
• von Dr. phil. Rudolf Hämmerli -->     
• von Lydia Weck -->
  
• Blick ins Buch -->


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